Sechs Fragen an Eugen Eckert
DAS MUSS MAN TUN, UM STADIONPFARRER ZU WERDEN:
Ich wurde von der Kirchenleitung vier Wochen vor der Einweihung der ökumenischen Stadionkapelle in Frankfurt dazu berufen. Meine Qualifikationen: Ich bin nicht nur Theologe und Magister Artium für „Management in sozialen Organisationen“, sondern auch Musiker. Dazu bin ich Fußballfan und war als Schüler ein pfeilschneller Linksaußen beim FSV Frankfurt. Diese Qualifikation konnte ich bisweilen auch in die Pfarrermannschaft der Hessen-Nassauischen Kirche einbringen.
SO SIEHT ES IM KOLLEGIUM AUS:
Es gibt neben mir noch Stadionpfarrer auf Schalke und in Berlin, außerdem gibt es auch in Wolfsburg eine Stadionkapelle. Nein, wir beten dort nicht für den Sieg unserer Mannschaften, sondern dafür, dass ein Spiel fair verläuft und die Spieler unverletzt bleiben.
SO SIEHT DER ARBEITSALLTAG ALS STADIONPFARRER AUS:
Am Wochenende sind es vor allem Hochzeiten und Taufen, die ich mit vielen Gästen feiere. Besonders Fans lassen ihre Kinder gern im Stadion taufen. Unter der Woche betreue ich zahlreiche Gruppen, zum Beispiel Konfirmanden, Schülerinnen, Lehrerfortbildungen, Jugendfußballmannschaften, Gesprächskreise, Kirchenvorstände oder Politikerinnen.
"Es gibt keinen Verein mehr ohne Spieler mit Migrationshintergrund. In unseren Kirchen sind Migrantinnen und Migranten noch längst nicht selbstverständlich zu Hause."
DAS HABEN FUSSBALL UND RELIGION GEMEINSAM
Man pilgert als Fan zum Tempel, in dem es einen heiligen Rasen gibt. Es gibt eine „Liturgie“, etwa den Einlauf der Spieler mit Kindern, die Responsorien, also Antworten auf Ansagen des Stadionsprechers, und natürlich die Fangesänge. Der Fußball hat also viele religiöse Elemente. Allerdings bin ich der festen Überzeugung, dass es einen deutlichen Unterschied gibt. Denn die wichtigsten Sinnfragen des Lebens bleiben auf dem Rasen unbeantwortet.
DAS KANN DIE KIRCHE VOM FUSSBALL LERNEN
Die Integrationskraft, die Spannung und das Gemeinschaftsgefühl. Es gibt keinen Verein mehr ohne Spieler mit Migrationshintergrund. In unseren Kirchen sind Migrantinnen und Migranten noch längst nicht selbstverständlich zu Hause. Und wann saß man schon in einem Gottesdienst, in dem man bis zur letzten Sekunde den Atem angehalten hat? Solche Spannung angesichts des offenen Ausgangs der 90 Minuten hat der Fußball uns voraus. Und dann zeigt sich bei den Spielen auch die Sehnsucht der Menschen nach Großevents – vielleicht brauchen wir häufiger so etwas wie Kirchentage, bei denen große Gemeinschaften entstehen. Ich selbst habe im Stadion gelernt, in gewürzter Kürze zu predigen. Eine gute Predigt darf hier über alles gehen, nur nicht über sechs Minuten.
DARUM IST DAS EIN TRAUMJOB:
Ich liebe die Unberechenbarkeit und die Flexibilität meines Berufs. Sieht man einmal von Spieltagen ab, kann ich meine Kapelle zu jeder Tages- und Nachtzeit nutzen und so auf die Menschen und ihre Bedürfnisse eingehen. Eine Fan-Taufe am Montagmorgen? Kein Problem!